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Johann Valentin Andreae 1586-1674
 Das 17. Jahrhundert war für die Menschen in Calw und Umgebung eine bewegte und schwierige Zeit. Besonders schlimm wurde es während des Dreißigjährigen Krieges. Die alte Oberamtsbeschreibung von 1850 berichtet: "Die Zerstörung der Stadt im Jahr 1634 brachte ihrer Gewerbsamkeit einen äußerst empfindlichen Stoß bei."
Calws Dekan Johann Valentin Andreä, der spätere Stuttgarter Oberhofprediger, musste in den Oberen Wald flüchten. Evangelische Geistliche und ihre Familien standen vor der Alternative: verstecken oder das Leben verlieren. Es sind damals in Calw und seinen Vorstädten 450 Häuser – nahezu alle – abgebrannt und Gräueltaten an den 3821 Einwohnern unvorstellbaren Ausmaßes verübt worden.

Auserlesener Freund hilft
Erster Fluchtort Andreäs war das heutige Bad Wildbad-Hünerberg, damals zum Calwer Unteramt Neuweiler gehörig. Der Geistliche hat folgenden Bericht hinterlassen: "Um also meine Kinder in einige Sicherheit zu bringen, fasste ich den Entschluss [...] zu flüchten. Ich wählte hierzu Neuweiler. Der dasige Pfarrer, Jeremias Rebstock, ein artiger Mann und auserlesener Freund von mir, bewies mir und den Meinigen viele Treue. [...] Da uns aber [für die weitere Flucht] kein Weg offen stund und wir alle enge Pässe und Clausuren verschlossen und verriegelt sahten, so waren wir genötigt, uns an steile, öde und den Menschen beinahe unzugängliche Örter zu begeben. Unsere erste Herberge war das so genannte Auerhahnen Berg."
Der spätere Oberhofprediger berichtet weiter: "Als wir da bis in die Mitternacht geruhet hatten, so gut wir eben konnten, so weckte uns der Mayer des Orts ängstlich auf, und nachdem er seine Sächlin zusammengepackt, so versteckte er uns bei anbrechendem Tag in schattigen Wäldern und Clausen. [...] Des nachts entdeckte man eine gräuliche und heftige Feuersbrunst. Unser liebes Calw brannte, wie bey anbrechendem Tag bekannt wurde, lichterloh zusammen und wir stunden auf den Spitzen der Berge als traurige Zuschauer. Nachdem bekannt wurde, dass die Stadt abgebrannt sey, so entwichen wir nach Aichelberg, einem rauhen Ort, und da wir [...] dem Feind verrathen worden."

Erboster Feind
Für Andreä sollte es noch schlimm kommen – wie sein weiterer Bericht belegt – und der reichste Aichelberger Bauer ließ gar das Leben: "So konnten wir uns kaum noch um eine viertel Stunde vor dem gänzlichen Untergang retten. Darüber war der Feind so erbost, und ließ seine Wut an dem reichsten Bauern des Ortes aus, der nach der entsetzlichsten Qual mit seinem Haus verbrannt wurde. Nachdem ich endlich wieder zu meinem Bauer gekommen, so brachte ich die Nacht schlaflos zu, und da ich drei Stunden vor Tag die Spitzen der Berge erstiegen und über Berg und Tal gegangen, so kam ich endlich wieder zu meinem Rebstock, der mit meinem kleinen Sohn Ehrenreich, den ich ihm anvertraut hatte, zu Hofstetten ebenfalls exiliert. Mein Söhnlein hatte ich schon sehr schwach angetroffen, und es war der 20. September, da es der Herr heimgeholt, und also sein Geist in die Freiheit des Himmels versetzt.

Schwarzwälder Bote,
Martin Brecht
Johann Valentin Andreae 1586–1654
Eine Biographie

Vandenhoeck & Ruprecht, 2008, 389 Seiten, mit 25 Abb., Hardcover,
978-3-525-55334-3
75,00 EUR Warenkorb
Johann Valentin Andreae gilt als der bedeutendste württembergische Theologe des 17. Jahrhunderts und Mitbegründer der Rosenkreuzer-Bewegung. Martin Brecht zeichnet in der ersten umfassenden Biographie den komplexen Werdegang des lutherischen Geistlichen nach. Er beleuchtet dessen schriftstellerisches Werk und fragt nach der Entstehung der Rosenkreuzer-Schriften – des größten Rätsels in Andreaes Vita. Sein pastorales Wirken in Calw und Stuttgart nimmt er ebenso in den Blick wie Andreaes Beziehung zu Herzog August von Braunschweig-Wolfenbüttel, dessen Geistlicher Rat und Freund er war. Die Biographie würdigt Originalität, Kreativität und geistigen Reichtum dieser bedeutsamen Gestalt und trägt damit zum Verständnis der Geschichte des 17. Jahrhunderts bei.

Von: Martin Brecht, 1952-1965 Studium der Theologie in Tübingen und Heidelberg 1964 Studien-Inspektor und 1970 Ephorus am Evangelischen Stift in Tübingen 1965 Habilitation für das Fach Kirchengeschichte in Tübingen 1975-1997 Professor für mittlere und neuere Kirchengeschichte an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster. Bearbeitet von: Christoph Brecht
Joh. Valentin Andreae

Christianopolis 1649
deutsch und lateinisch
Calwer, 1982, kartoniert,
978-3-7668-0350-4
Quellen und Forschungen zur Württembergischen Kirchengeschichte 4
Joh. Valentin Andreae, der große schwäbische Kirchenmann und SchriftsteIler, gilt als eine der profiliertesten literarischen Gestalten Deutschlands im frühen 17. Jahrhundert und ist der Nachwelt vor allem durch seine Rosenkreuzerschriften und seine "Christianopolis" bekanntgeworden. Er war Urheber der bis in die jüngste Zeit nachwirkenden Rosenkreuzerbewegung, deren Intentionen jedoch von Anfang an seinen eigenen entgegengesetzt liefen.
Die Christianopolis, die "Beschreibung einer christlichen Stadt" (1619), hat eine einmalige Bedeutung: sie ist die erste und einzige Utopie eines Deutschen und Lutheraners, vor allem aber die einzige Utopie, in der eine christliche Gesellschaft als Ideal beschrieben wird. Ihr Zweck und Sinn ist nicht die getreue Verwirklichung, sondern die Nachahmung und Übernahme ihres Geistes. Sie entstand als "humanistisches Spiel" und· bildet die geistige Grundlage der 1620 von Andreae geplanten "Societas Christiana", der ersten elitärgelehrten Gesellschaft auf deutschem Boden.
Für die heute lebhafte Diskussion des Themas "Utopie" bedeutet die Neuausgabe dieses seltenen Textes eine erhebliche Bereicherung. Durch sie wird der Text von 1619 erstmals wieder zugänglich. Die beigefügte deutsche Übertragung von 1741, die modernisiert und verbessert wurde, soll auch dem des Latein Unkundigen die Lektüre der "Christianopolis" ermöglichen. Eine kurze Einleitung, Editionsvermerke und eine Liste der wichtigsten Literatur zum Problem der Utopie verstehen sich als Anregungen zum Weiterstudium.
Der Herausgeber:
Richard van Dülmen (geb. 1937) studierte Geschichte und Philosophie und ist heute als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bayr. Akademie der Wissenschaften in München tätig. Seine Forschungsinteressen sind Religions- und Sozialgeschichte des 17. und 18. Jahrhunderts.
978-3-7668-0408-2 Joh. Valentin
Andreae

Theophilus
deutsch und lateinisch
Calwer, 1973, 184 Seiten, kartoniert,
978-3-7668-0408-2
8,90 EUR
Quellen und Forschungen zur Württembergischen Kirchengeschichte 5
Amos Comenius stellt seinem Hauptwerk "Didaetiea magna" ein bemerkenswertes Motto aus Andreaes Theophilus voran: "Am Fortschritt verzweifeln ist schimpflich, andere Ratschläge zu verschmähen ist unrecht." - Der Theophilus (1622/49), ein geistreicher Dialog, ist das reifste und letzte große Werk Andreaes. Frei von satirischer und utopischer Denkform entfaltet es ein für die Zeit höchst modernes Reformprogramm, das die Grundlage für Andreaes Bemühungen um die Restaurierung des Herzogtums Württemberg nach dem Dreißigjährigen Krieg bildete. Es kreist um drei große Themen: um die christliche Religion, Zucht und Bildung. Neu und zukunftsweisend sind die Forderung nach einem muttersprachlichen Unterricht und die Einbeziehung der modemen Naturwissenschaften in das Bildungswesen. Auf Grund ihrer Angriffe gegen die Kirchenpraxis und ihrer Verteidigung Joh. Amdts wurde der Schrift die Zensur verweigert; das Original ging dann im Brand von Calw verloren, aber für den Druck 1649 konnte Comenius seine Abschrift zur Verfügung stellen.
Der "Theophilus" hat zwar einen späten Nachdruck erlebt und wurde zweimal ins Deutsche übersetzt, aber die Ausgaben sind heute kaum noch greifbar. Die zweisprachige Neuausgabe will dem allgemeinen Bedürfnis nach Kenntnis dieser Schrift, vor allem bei Pädagogen nachkommen. Die Einleitung vermittelt einen Einblick in die Entstehungsgeschichte und skizziert die Bedeutung, die sie im Leben Andreaes besitzt.
Richard van Dülmen, geboren 1937, studierte Geschichte und Philosophie und ist heute als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bayr. Akademie der Wissenschaften in München tätig. Seine Forschungsinteressen sind Religions­und Sozialgeschichte des 17. und 18. Jahrhunderts.
Joh. Valentin Andreae
Fama Fraternitatis, Confessio Fraternitatis, Chymische Hochzeit: Christiani Rosencreutz. Anno 1459
deutsch und lateinisch
Calwer Verlag, 1973, 124 Seiten, kartoniert, 978-3-7668-0421-1
17,00  EUR
Quellen und Forschungen zur Württembergischen Kirchengeschichte 6
Obwohl das literarische Interesse an den ersten Rosenkreuzerschriften in diesem Jahrhundert, wenn man von den zahlreichen popularwissenschaftlichen und erbaulichen Darstellungen absieht, sich immerhin in sechs wissenschaftlichen Darstellungen dokumentiert hat, fehlt es doch bis heute an einer zuverlässigen und gediegenen Ausgabe der drei wichtigsten Rosenkreuzerschriften: der >Fama Fraternitatis<, der Confessio Fratenitatis< und der >Chemischen Hochzeit<. Die einzig vollständige Ausgabe veröffentlichte 1913/22 Ferdinand Maack. Sie bietet zwar einen Originaltext, doch ihre Fehlerhaftigkeit und ihre »geheimwissenschaftliche« Tendenz nötigt, wieder auf die sehr seltenen Frühdrucke aus dem 17. Jahrhundert zurückzugreifen. Neben Maacks Edition erfolgten bis heute nur einzelne unkritische Übertragungen in modenes Deutsch. 1957 veröffentlichte aus schöngeistig-anthroposophischem Interesse Walter Weber die Chemische Hochzeit und die Fama Fraternitatis. Als weitaus brauchbarer erweist sich die Ausgabe der >Chemischen Hochzeit< von Alfons Rosenberg von 1957. Die Confessio wurde erst wieder 1962 durch Winfrid Zeller in seinem Sammelband zum Protestantismus des 17. Jahrhunderts zugänglich.
Auf Grund dieser Textüberlieferung ergibt sich die Notwendigkeit der gegenwärtigen Ausgabe. Sie bietet den Text der 1. Auflage. Auf jede Modenisierung wird verzichtet, offensichtliche Druckfehler wurden ohne besondere Kennzeichnung korrigiert und die Interpunktion folgt dem Sinnverständnis.
Der Anmerkungsapparat bringt nur das zum Verständnis der Texte Notwendige.
Johann Valentin Andrae Wolfgang Zeller
Johann Valentin Andrea
Schriftsteller und Erneuerer der Kirche im Dreißigjährigen Krieg.
Verlag Junge Gemeinde, 24 Seiten, geheftet, DIN A 5
1,50 EUR Warenkorb
Gotteszeugen Heft 39
 
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